Während das Plattdeutsche in den Druckmedien wie den Tageszeitungen durchaus seinen Platz hat, senden in Nordrhein-Westfalen (NRW) sowohl das Fernsehen oder auch das Radio so gut wie keine Beiträge in Niederdeutscher Sprache. Als wenig hilfreich und wirkungslos haben sich Appelle und Petitionen an die Verantwortlichen von Politik und Medien erwiesen, auch dem Niederdeutschen einen Senderaum im Radio zu geben. Wie lässt sich das Plattdeutsche trotz alledem ins Radio zurückbringen?
Nach den geltenden Gesetzen müssen Privatsender in Nordrhein-Westfalen Bürgerfunkgruppen die Ausstrahlung von Sendungen im Radio gestatten. Dabei sind viele Randbedingungen einzuhalten. Unter anderem müssen die Bürgerfunkmitglieder eine Lizenz der Landesanstalt für Medien in NRW (LfM NRW) erwerben, die nach einer mehrtägigen Schulung mit abschließender bestandener Prüfung erteilt wird. Im Kreis Steinfurt können die Schulung und die Abschlussprüfung z.B. von der Volkshochschule Steinfurt durchgeführt werden.
Ein Kreis aus zehn Personen startete im Januar 2009 mit den Überlegungen für die Gestaltung einer Sendung, für die im Bürgerfunk von Radio RST eine bis zwei Stunden Sendezeit zur Verfügung gestellt werden. Nach vier kreativen Sitzungen gelang es, eine erste laienhafte Probeaufnahme mit einfachen Mitteln zu erstellen. Bei aller Freude über das hörbare Ergebnis war allen Mitwirkenden klar: So kann man damit nicht auf Sendung gehen! Hier benötigt man fachliche Hilfe und Unterstützung!
Gespräche mit Dr. Christoph Hantel von der Volkshochschule Steinfurt, der jahrelang Rundfunk gemachte hatte, führten zu dem Angebot, einen Radiozertifizierungskurs durchzuführen. Neun Freunde des Plattdeutschen im Alter zwischen 23 und 83 Jahren erlernten nun an fünf Samstagen zwischen 9 und 17 Uhr, wie man „Radio macht“. In den einzelnen Seminarblöcken standen Fragestellungen wie: Welche rechtlichen Randbedingungen sind zu beachten? Welche Voraussetzungen für das Senden im Bürgerfunk von Radio RST sind zu erfüllen? Wie baut man Sendebeiträge und eine ganze Sendung auf? Welche Qualitätsmerkmale sind zu beachten? Wie moderiert man Sendungen? Wie schneidet man aus einer Vielzahl an Informationen einen kompakten Beitrag zusammen? Wie geht man mit den Aufnahme- und Abspielgeräten um?
Am Ende stand eine Abschlussprüfung, die am 12. Dezember 2009 von allen bestanden und von der Landesanstalt für Medien in Düsseldorf mit einem Zertifikat und der Erlaubnis, Bürgerfunksendungen zu machen, bestätigt wurde.
"Knabbelkümpken"
Auf der Grundlage des Erlernten wurde zunächst eine anspruchsvolle Sendung zusammengestellt, die am 4. Juli 2010 über den Äther ging. Der nicht unerhebliche Aufwand schreckt die Plattdeutschfreunde nicht ab! Es ist gelungen, eine regelmäßige Sendung auf die Beine zu stellen! Jeweils am 1. Sonntag im Monat heißt es nach den 20Uhr-Nachrichten von Radio RST: "Herzlichst willkommen bei Knabbelkümpken", einer Sendung des Arbeitskreises Plattdeutsche Sprachpflege im Kreisheimatbund Steinfurt".
Der Inhalt der knapp einstündigen Sendungen orientiert sich an aktuellen Themen und der jeweiligen Jahreszeit. So stand z.B. in der ersten Sendung der Plattdeutsche Lesewettbewerb 2010 des Kreisheimatbundes Steinfurt im Vordergrund, in der zweiten Sendung die Musikgruppe "Strauhspier", die mit dem Rottendorfpreis geehrt wurde. Plattdeutsche Geschichten und Gedichte aus alter und neuer Zeit, eingerahmt von Musik, vornehmlich in Plattdeutsch, machen die Sendungen zu einer kurzweiligen Unterhaltung. Dank reichhaltiger Literatur-Quellen mit den Urheberrechten des Kreisheimatbundes Steinfurt und der Einwilligung einiger Autoren zur Sendung ihrer Werke gibt es Beiträge in Hülle und Fülle.
Zu hören ist die Sendung im Kreis Steinfurt sowie im angrenzenden Gebiet von Niedersachsen über UKW 104,2 MHz und 105,0 MHz. Für alle, die den Lokalsender für den Kreis Steinfurt, Radio RST, nicht über UKW hören können, bietet der Sender im INTERNET-RADIO weltweit die Möglichkeit, die Sendung zu hören.
Ab dem 2. Februar 2015 sendet auch Radio Regentrude über das Internet das „Knabbelkümpken“. Neben der jeweils aktuellen Sendung, die zumeist zu Anfang des Monats montags und freitags zu hören ist, werden in den folgenden Wochen auch die alten Sendungen zu hören sein. Sie sind thematisch stets auf die jeweiligen Monate zugeschnitten.
Es bleibt zu hoffen, dass sich weitere Bürgerfunkgruppen bilden und das Plattdeutsche über den Rundfunk verbreiten! Es lohnt sich! Die Rückmeldungen der Hörer zu den Beiträgen sind durchweg positiv und machen Mut für die Zukunft!